Auf dem Weg zu neuem Leben: Gesundheitsvorsorge während der Trächtigkeit

Mutter und Kind gesund und lebensfroh.
Foto: Pferdeklinik Mühlen

Phasen der Trächtigkeit

Die Trächtigkeit beim Pferd dauert normalerweise 11 Monate, genauer rund 336 Tage. Eine Variation der Trächtigkeitslänge zwischen 320 und 355 Tagen liegt immer noch im Normalbereich. Diese kann durch unterschiedliche Umwelteinflüsse wie Haltungsbedingungen, aber auch die Jahreszeit der Geburt und entsprechende Temperatur beeinflusst werden.

„Man unterscheidet zwei Phasen während der Trächtigkeit der Stute: Die embryonale Phase, welche von der Einnistung des Embryos bis zum 40. Tag der Trächtigkeit reicht, sowie die sich anschließende fetale Phase bis zur Geburt des Fohlens“, erläutert Dr. Alexandra Görgens. „In beiden Phasen können Komplikationen auftreten die bis zum 40. Tag der Trächtigkeit als embryonaler Fruchttod und nachfolgend als Abort bezeichnet werden.“

Bis zum dritten Trächtigkeitsmonat wird der Verlust des Fetus häufig vom Besitzer gar nicht als solcher wahrgenommen. „Die Frucht löst sich in der Stute durch körpereigene Systeme auf und wird resorbiert. Erst der Abort nach dem vierten Monat wird als Verfohlung wahrgenommen, da die abgestorbenen Fruchtteile ausgestoßen werden“, beschreibt die Tierärztin.

Unterschiedliche Hintergründe

Wenn die Stute ihr Fohlen während der Früh- oder Hochträchtigkeit verliert, können dafür ganz unterschiedliche Faktoren verantwortlich sein. Diese reichen von konkreten Erkrankungen bis hin zu Umwelteinflüssen. Nicht selten liegt beispielsweise eine Zwillingsträchtigkeit vor und die Stute ist sehr oft anatomisch nicht in der Lage, beide Feten ausreichend mit Nährstoffen zu versorgen. Es gibt zahlreiche weitere von der Stute ausgehende Faktoren, die zum Verlust des Fohlens führen können.

„Die Gebärmutterschleimhaut kann beispielsweise aufgrund des Alters der Stute oder durch entzündlich Prozesse nicht oder nicht mehr in der Lage sein, den Fetus ausreichend zu versorgen“, erläutert Dr. Alexandra Görgens. „Auch ein mangelnder Schamschluss führt durch aufsteigende Infektionen durch die Vagina und den Muttermund zur Entzündungsreaktion in der Gebärmutter und damit zu einer Plazentitis, welche das Absterben des Fetus zur Folge haben kann. Des Weiteren kann eine Gelbkörperschwäche mit einer mangelhaften Produktion des Schwangerschaftsschutzhormons Progesteron für einen Fruchtverlust verantwortlich sein. Besteht der Verdacht, dass die Stute zu wenig Progesteron produziert, kann die frühzeitige tägliche orale Gabe eines synthetischen Progesterons bis zum 120. Tag der Trächtigkeit einen drohenden Fruchttod jedoch häufig verhindern.“

Eine seltene Komplikation im letzten Drittel der Trächtigkeit stellt die Eihautwassersucht da. „Sie ist eine krankhafte Vermehrung des Fruchtwassers und lässt sich durch eine gewaltige Umfangsvermehrung des Bauches der Stute mit Störung des Allgemeinbefindens, Atemnot und Kreislaufschwäche diagnostizieren“, beschreibt die Expertin. „Je nach Schwere der Erkrankung kann durch die Einleitung der Geburt das Leben der Stute in seltenen Fällen gerettet werden. Für das Fohlen besteht je nach Trächtigkeitsstadium jedoch kaum eine Überlebenschance.“

Umwelteinflüsse relevant

Selbstverständlich können auch genetische Defekte oder chromosomale Abweichungen beim Embryo den Grund für einen Abort darstellen. Die Pferdehaltung und damit einhergehenden Umwelteinflüsse spielen ebenfalls eine entscheidende Rolle für eine gesunde und problemlos verlaufende Trächtigkeit. Schon vor der Bedeckung sind sie häufig verantwortlich für Fruchtbarkeitsprobleme. 30 bis 40 Prozent der Fälle, bei denen eine Stute nicht aufnimmt, hängen direkt mit mangelhaften Haltungsbedingungen zusammen.

„Der Schlüssel zur erfolgreichen Fohlenaufzucht liegt im Management. Die artgerechte Haltung mit viel Bewegung an der frischen Luft und Weidegang oder Paddocknutzung zu jeder Jahreszeit spielt ebenso eine Rolle wie die passende Fütterung der Stute und die medizinische Versorgung“, betont unsere Expertin. „Ein schlechter Allgemeinzustand der Stute, beispielsweise durch chronische Schmerzen, kann zu Störungen der Trächtigkeit führen. Auch Mangel an Futter oder schlechte Futterqualität spielen eine Rolle, ebenso wie Stress, etwa durch eine Stutenleistungsprüfung bei noch jungen Stuten, Rangordnungskämpfe auf der Weide oder im Laufstall. Beeinflusst werden kann die Trächtigkeit auch durch eigentlich eher harmlose Allgemeininfektionen wie eine Erkältung. Grundsätzlich gilt es, trächtige Stuten vor jeglichem Stress zu schützen, wie ihn Fütterungsmängel, saisonale oder klimatische Einflüsse, Transporte oder Umstallungen verursachen können.“

Aber auch der Hengst hat durch seine Samenqualität und deren Aufbereitung im Labor eine gewisse Bedeutung bei der Aufrechterhaltung der Trächtigkeit. „Es gibt Hengste, bei denen vermehrt frühembryonale Verluste auftreten“, beschreibt Dr. Alexandra Görgens. „Der Besamungszeitpunkt spielt eine Rolle, da sowohl die Samenzelle als auch die Eizelle der Stute altern. Zudem wird in der Forschung eine mögliche chromosomale Unverträglichkeit zwischen Stute und Hengst diskutiert, die zum Verlust des Fetus führen kann.“

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