Den Auftakt machten die Dressurreiter. 58 Starter aus 29 Nationen stellten ihr Können im Grand Prix unter Beweis. Das beste Ergebnis im Baji Koen Equestrian Park erzielte die Deutsche Meisterin Jessica von Bredow-Werndl (Aubenhausen) mit TSF Dalera: 84,379 Prozent.
Nach ihrem Ritt schilderte Jessica von Bredow-Werndl ihre Eindrücke. „Dalera war gepackt von der Atmosphäre und insgesamt voller Kraft, Energie und voll fokussiert. Wenn sie so ‚an‘ ist, muss ich meinen Körper zu 100 Prozent unter Kontrolle haben, um sie nicht aus der Balance zu bringen. Das ist sehr wichtig! Da war eine kleine Sekunde in der Piaffe, da habe ich ein bisschen zu viel gemacht, aber glücklicherweise kam sie sofort zurück“, sagte sie zu ihrem Ritt. Auf die Frage, ob sie einen besonderen Druck verspürt habe, antwortete sie: „Über den Druck habe ich mehrere Monate, Wochen und Tage nachgedacht und bin zu dem Schluss gekommen, dass ich nicht mehr machen kann, als mein Bestes zu geben. Ich war nicht nervöser als bei den Deutschen Meisterschaften, weil ich auch dort super supergut sein wollte. Es war für mich ein ähnliches Gefühl, aber glücklicherweise macht es für Dalera keinen Unterschied, ob es Deutsche Meisterschaften sind oder Olympische Spiele.“ Zur außergewöhnlichen Atmosphäre in Tokio sagte sie: „Das Stadion hier ist nicht schwieriger als Aachen zum Beispiel. Aber Aachen kennt Dalera nur mit Zuschauern. Hier war es aber trotzdem aufregend, nur eben anders und vor allem sehr unterschiedlich zu den letzten Tagen, als wir hier trainiert haben.“
Bundestrainerin Monica Theodorescu äußerte sich begeistert zum gelungenen Auftakt ihrer Reiterinnen: „Für mich war das der beste Grand Prix bisher, den Jessi und Dalera gezeigt haben: Schön geschlossen und schwungvoll, das Pferd während der ganzen Prüfung wundervoll im Genick und zufrieden kauend. Die Anlehnung war noch mal besser, die Versammlung insgesamt besser. Es war einfach ein Genuss mit ganz vielen Höhepunkten und, wie man so auf Neudeutsch sagt, sehr schön im Flow.“ Auf die Frage, wie sie das neue Qualifikationssystem mit den sechs Startergruppen beurteilt, antwortete sie: „Man muss das erst einmal evaluieren. Aber ich glaube, dass es sich gut durchmischt hat. Ich bin jedenfalls froh, dass nicht alle drei hintereinander dran waren. Das macht es für uns Trainer definitiv einfacher. Das war für unsere Situation bestimmt kein Nachteil.“
Nach Jessica von Bredow-Werndl, die bereits am ersten Tag des Grand Prix den Ton angab, folgten ihre beiden Teamkolleginnen Dorothee Schneider mit Showtime FRH und Isabell Werth mit Bella Rose an Tag zwei. Dorothee Schneider gewann mit Showtime FRH mit deutlichem Abstand ihre Gruppe, allerdings nicht ganz mit dem erwarteten Ergebnis. Ein kleiner Patzer in der ersten Galopppiourette kostete wertvolle Punkte. Schneider kam auf 78,820 Prozent und qualifizierte sich damit direkt für die Kür. „Es war gut, aber es geht besser,“ sagte sie nach ihrem Ritt. „Ich hatte anfangs ein ganz kleines bisschen Spannung im Pferd, was ich eigentlich über die Trabtour gut gelöst hatte, dann kam er auch besser vor mich und trabte insgesamt schön vor mir her. Schade war natürlich, dass mit der Links-Pirouette im Galopp, das war schon sehr teuer, das hat uns wahrscheinlich zwei Prozentpunkte gekostet. Wir hatten sehr gute Passagen und sehr gute Trabverstärkungen. Ich wünschte mir natürlich, der Fehler wäre nicht passiert, aber insgesamt für den ersten Tag hat er toll mitgemacht und hat im Viereck wirklich angefangen loszulassen und ist richtig schön durch den Körper gegangen - athletisch eben - wie er halt so ist.“
„Ich habe dieses Pferd, seitdem er drei Jahre alt, ist selbst ausgebildet und das ist einfach Gänsehaut pur“, hatte sie nach ihrer Nominierung gesagt. „Ein Pferd, mit dem man gleich zwei Mal bei Olympia an den Start gehen darf, hat man nur ein Mal im Leben.“ Nach einem Schlüsselbeinbruch im Frühjahr stand ihr Start bei den Olympischen Spielen erst einmal infrage, doch Schneider kämpfte sich rasch in den Sattel zurück.
Isabell Werth strahlte bei der letzten Grußaufstellung. Mit Bella Rose gelang ihr ein perfekter Auftakt, der mit 82,500 Prozent und dem Sieg ihrer Gruppe belohnt wurde. „Es war wichtig, einen sicheren und fehlerfreien Ritt zu absolvieren“, sagte sie nach ihrem Ritt, daher sei sie auch nicht das letzte Risiko eingegangen. „Ich bin sehr zufrieden. Bella war sehr fokussiert und konzentriert. Es waren zwei oder drei Kleinigkeiten, was vielleicht auch der letzten Durchlässigkeit und ihrem Eifer geschuldet war, das Einreiten und die erste Pirouette. Die beiden Boxennachbarn Showi und Bella haben sich offenbar abgesprochen mit der Linkspirouette. Ansonsten waren das super Highlights. Die ganze Piaffe-Passage-Tour fühlte sich super leicht an. Auch die Trabverstärkungen fühlten sich sehr gut an. Ich bin echt zufrieden.“
Mannschaftsgold in der Dressur
Dank der Glanzleistungen aller drei deutschen Teamreiterinnen gewinnt Deutschland zum 14. Mal die Goldmedaille in der Mannschaftswertung Dressur. Acht Teams kämpften im Grand Prix Special um die Medaillen. Die USA gewannen die Silbermedaille, Großbritannien folgte auf dem Bronzerang. „Jessis Ergebnis ist halbwegs ähnlich wie im Grand Prix, sie hat ihre Leistung wiederholt, die anderen beiden haben noch mal eineinhalb bis zwei Prozent darauflegen können. Das ist ein Riesenschritt, gerade auf diesem Niveau. Ich bin sehr stolz auf das Team“, sagte die Bundestrainerin.
Dorothee Schneider begann mit einem Paukenschlag: Gleich zweimal gab es die 10,0 für die Grußaufstellung. Weitere Höhepunkte folgten Schlag auf Schlag, lediglich einmal galoppierte Showtime fälschlicherweise an.
Erleichterung und Freude bei Isabell Werth, der ein fehlerfreier Auftritt mit 83,298 Prozent gelang. „Ich bin total happy über Bella, sie hat eine fantastische Prüfung gezeigt. Natürlich würde ich mich über ein paar Punkte mehr auch freuen, aber am Ende des Tages bin ich lange genug im Sport, dass ich mich erst mal hier über das Pferd freue. Warum sollte ich mich ärgern, sie ging fantastisch und wir werden sehen, was heute passiert. Ich war unglaublich happy, dass sie auch so relaxt war“, äußerte sich Werth.
Jessica von Bredow-Werndl war nicht nur die letzte Starterin des Grand Prix Special, sie lieferte auch das beste Ergebnis des Tages ab: deutlich über 84 Prozent - und das, obwohl Dalera zu Beginn der Einerwechsel kurz aus dem Takt kam.