WM Vielseitigkeit: Heute geht es in Gelände - Nullrunde für Sandra Auffarth und Julia Krajewski

 Pratoni del Vivaro/ITA  Nachrichten, Sport

Heute ist in Pratoni del Vivaro der Tag, auf den alle gewartet haben: Bei den Vielseitigkeits-Weltmeisterschaften geht es für die Reiter und Reiterinnen und ihre Pferde ins Gelände. Rund 5.600 Meter lang ist der Kurs, den Guiseppe della Chiesa in die hügelige Landschaft der Albaner Berge gebaut hat. Die erlaubte Zeit beträgt 9:50 Minuten. Insgesamt sind 30 Hindernisse beziehungsweise Hinderniskombinationen zu bewältigen. Nach der Dressur liegen die Briten in Führung, dahinter folgen mit etwas Abstand Deutschland und die USA nahezu gleichauf. Nummer eins in der Einzelwertung ist Michael Jung (Horb), der seine Dressur mit fischerChipmunk FRH mit einer persönlichen Bestleistung, 18,8 Minuspunkte, beendet hat. Dabei blieb es auch nach einer glatten Nullrunde im Gelände, mit der es Jung seinen beiden Teamkolleginnen nachmachte. 

Christoph Wahler (Bad Bevensen) machte mit Carjatan S wie schon in der Dressur den Anfang und bewies mit einer sicheren Runde, dass sich das Gelände reiten lässt. Sandra Auffarth (Ganderkesee) mit Viamant du Matz folgten mit einer kompletten Nullrunde und haben sich damit wieder ins Spiel gebracht. Pech hatte dagegen die bis dahin zweitplatzierte Britin Laura Collett. Ihr London lief am Steilhang am zweiten schmalen Sprung vorbei - eine Verweigerung kostete sie 20 Strafpunkte und Zeitfehler. Dem führenden Michael Jung verschafft dies ein wenig Zeit, denn die aktuell Führende ist die britische Einzelreiterin Yasmin Ingham mit Banzai du Loir mit 23,2 Minuspunkten. Die Drittplatzierte nach Dressur kassierte im Gelände nur 1,2 Zeitstrafpunkte. Außer Jung kann dies keiner mehr unterbieten.

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Michael Jung und "seine Maschine" fischerChipmunk FRH 
„fischerChipmunk ist ein fantastisches Pferd, was der für eine Maschine ist, was der für eine Luft hat, was der für einen Galopp hat, wie der kämpft, das ist unglaublich", schwärmte Jung im Ziel. Er folgte seinen Teamkolleginnen und kam ebenfalls ohne Strafpunkt ins Ziel. Damit liegt er nicht nur weiter in Führung, sondern kann sich im abschließenden Springen am Sonntag sogar einen Fehler erlauben. Zu seinem Ritt sagte er. "Er hat sich super reiten lassen, am Anfang die erste Kombination, das war wirklich vom Allerfeinsten. Ich habe eigentlich überall immer nur gesehen, ihn ein bisschen ruhig zu halten. Der wollte von Anfang an los. Das war für ihn natürlich ein super Anfang, wo er sich erstmal so ein bisschen ausgaloppieren kann. Aber dann der Mittelteil, der war schon schwierig, weil er ein großes Pferd ist, einen großen Galopp hat, und wenn dann alles so rechts-links um die Kurven rumgeht und dann hoch-runter, das ging alles ein bisschen schnell für ihn. Trotzdem bin ich einfach begeistert von ihm, er macht so super mit“, sagte Jung. Nur einmal hielten die Zuschauer am zweiten Wasser die Luft, als es kurzfristig so aussah, als würde das Paar den Sprung im Wasser nicht erwischen. „Da hab ich nicht ideal geritten, da hätte ich eigentlich einen Galoppsprung weglassen können. Aber es hat geklappt.“ .

Die Zeit war für den Routinier kein Problem, auch wenn er gleich Alternativen – an den Hindernissen 16 und 19 – wählte: „Das ergab sich aus der Situation heraus, weil man dort durch dieses ganze Gekringel kommt und viele Pferde da ein bisschen vorhandlastig waren. Da war ich schon beim ersten Ablaufen ein bisschen skeptisch und nachher hat sich bei ein paar schnelleren Pferden gezeigt, dass die Zeit gut möglich ist. Deshalb war das dann für mich die bessere Variante.“

Alina Dibowski und Barbados: Gelungenes WM-Debüt 
Nach den beiden Teamreiterinnen kam auch das „Küken“ im deutschen Aufgebot, Alina Dibowski (Döhle) mit Barbados gut ins Ziel. „Es hat mehr Spaß gemacht als Haras de Pin, weil Barbados noch deutlich fitter war. Wir haben konditionell noch echt ne Schippe drauf gelegt. Vom Trainingsaufwand haben wir nochmal mehr gemacht, das hat sich hier richtig ausgezahlt. Bis zur Mitte der Strecke war der volle Saft da, selbst nach den Anstiegen. Ich war selbst erstaunt, wie fit er war." Entsprechend gut war ihre Zeit, auch wenn sie an den Doppelecken die längere Alternative nahm. Nur sieben Sekunden fehlten zum Erreichen der Optjmalzeit. Allerdings wurden ihr nachträglich 15 Strafpunkte für eine „Missed Flag“ auferlegt. Diese gibt es, wenn ein Pferd einen Eckensprung nicht korrekt zwischen den Flaggen überwindet. „Ich war der Meinung, dass er vorne schon drin war. Er hat ein bisschen gestockt aber vom Gefühl her war’s drin“, sagte 21-Jährige im Ziel. „Sonst sind es eben 15 Punkte, ich war trotzdem schnell und das Pferd hat einen tollen Job gemacht.“

Julia Krajewski und Amande de B'Neville legen den Turbo ein 
„Mega", schwärmte Julia Krajewski (Warendorf) nach ihrem Ritt. Wie schon zuvor Sandra Auffarth kam auch die Olympiasiegerin mit ihrer Stute Amande de B'Neville ("Mandy") ohne Probleme ins Ziel. Es bleibt daher bei nur 26,0 Minuspunkten. Krajewski räumte ein: "Ich war schon angespannt vorher, weil alle gesagt haben, das ist ein Kurs, bei dem man echt arbeiten muss. Ich hatte aber schon ab Sprung drei das Gefühl, es läuft. Und nachdem wir dann echt easy den Berg runterkamen und ich gemerkt habe, Mandy ist voll da, sie hat es im Griff, war es cool. Ich will nicht sagen, es war einfach. Es war nicht einfach, aber ich hatte nie das Gefühl, sie ist nicht bei mir, sie ist nicht fit, es war einfach geil. Alle Aufgaben haben so funktioniert, wie wir es geplant haben. Es war natürlich mega, dass Sandra eine so gute Runde hatte, weil die Pferde sich so ähnlich sind. Ich wusste, okay, du kannst in den letzten drei Minuten noch was reingaloppieren. Das heißt, ich musste sie nicht zu doll pushen, habe aber immer gemerkt, sobald Platz war, ging der Kopf runter und der Turbo an und an jedem Sprung bis zum Schluss war sie super da und sprang. Das war schon einfach cool. Ich bin einfach der größte Fan von meinem Pferd." 

Sandra Auffarth und Viamant du Matz: Back in the game
„Es war wirklich toll, von Anfang bis Ende“, sagte eine strahlende Sandra Auffarth. Nach der etwas enttäuschenden Dressur meldete sie sich mit einer strafpunktfreien Geländerunde von Viamant du Matz „back in the game“. Für sie bleibt es bei 31,3 Minuspunkten.

„Klar, den Hang runter, da wird keiner das genialste Gefühl kriegen, da laufen die Pferde einem so ein bisschen ‚von den Füßen“, erklärte sie nach dem Ritt. „Da muss man sich richtig konzentrieren, auch abwarten und denken, das wird schon. Das hat er aber super gemacht. Der Rest ging alles nach Plan. Man hat es ja selten, dass in so einem langen Gelände alles nach Plan läuft, aber das habe ich irgendwie geschafft. In Aachen war das auch schon so eine tolle Runde, da hat er mir so viel Vertrauen gegeben, dass ich auch wirklich schon mit einem guten Gefühl angereist bin. Eine bessere Vorbereitung hätte ich nicht haben können.“

Beflügelt auf ihrem Ritt hatten Auffarth auch die vielen Zuschauer im Gelände, „Das hat wirklich Spaß gemacht. Auch mit den vielen deutschen Fans an den Seiten. Es sind ja doch viele angereist. Wenn man das nochmal so vergleicht zu Tokio, das macht am Ende so einen Wettkampf aus, dass es mit Sport mit Fans und Zuschauer ist, da ist richtig schön und hat Spaß gemacht“, schwärmte sie.

Christoph Wahler: Mission "sichere Runde" erfüllt
Mit einer sicheren Geländerunde hat Christoph Wahler seine Aufgabe als „Pathfinder“ für sein Team und die übrigen 87 WM-Teilnehmer hervorragend erfüllt. Die erlaubte Zeit war allerdings nicht zu erreichen. 24 Sekunden fehlten ihm für eine glatte Nullrunde. Sein Kontostand nach Dressur und Gelände: 42,4 Minuspunkte.

„Ich konnte nicht alles so reiten, wie geplant. Der Kurs nimmt doch sehr viel Kraft aus den Pferden und ermüdet sie auch mental. Es ist nicht schön zu reiten, es ist nicht rhythmisch und es ist sehr kringelig", sagte Christoph Wahler nach seinem Ritt. "Mein Pferd hat das überragend gemacht, er ist super ehrlich, er will alles richtig machen. Ihm liegen sicherlich Kurse, die flüssiger sind mit längeren Galoppstrecken wesentlich mehr. Bergauf, bergrunter, immer schräg und immer um die Kurve, das ist nicht sein Terrain, das wussten wird.“ Wahler ergänzte: „Klar wäre ich gerne 24 Sekunden schneller gewesen, aber ich glaube, wir haben nun erst einmal ein zählendes Ergebnis und wenn wir heute Abend ins Bett gehen, und ich bin immer noch das Streichergebnis, dann wäre ich sehr glücklich.“

Vorher allgemein ausgemachte Klippen des Kurses, wie das Wasserhindernis oder der Steilhang, bereiteten den beiden keine Probleme: „Das Wasser war kein Problem. Das sind so technische Aufgaben, die mein Pferd unheimlich gut macht, da habe ich sehr viel Vertrauen in ihn. Der Steilhang ist natürlich etwas Ungewohntes, die Distanz ist sehr eng zwischen den beiden schmalen Folgesprüngen, aber auch da ist er super ehrlich. Aber es sind auch Dinge, die am Ende Kraft ziehen.“ Nur einmal – an der Hinderniskombination 16BC (Oxer/Ecke) – änderte er spontan seinen Plan und wählte die Alternative. 

Alle Informationen zur WM, dem Team, den deutschen Pferden sowie den Wettkampf- und TV-Zeiten gibt es unter www.pferd-aktuell.de/wm2022/vielseitigkeit-in-pratoni-del-vivaro.

fn-press

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